Die Folgen der Corona-Pandemie sowie des Krieges in der Ukraine, die daraus resultierende Energiekrise und steigende Inflation haben das Jahr 2022 geprägt. Bundesregierung und Bundestag haben darauf mit zahlreichen Gesetzen, Entlastungspaketen und weiteren Maßnahmen reagiert, die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen entlasten sollen. Damit Sie nicht den Überblick verlieren, informiert der Steuerberaterverband in Erfurt zu ausgewählten steuerlichen Änderungen und Neuregelungen, die Sie ab 01.01.2023 erwarten.
Das Anfang Dezember vom Bundestag beschlossene Potpourri an steuerrechtlichen Gesetzesinhalten bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats. Ob dieser am 16.12.2022 tatsächlich in allen Fällen grünes Licht gibt, ist gegenwärtig offen und sollte im Blick behalten werden.
Um die Folgen der Inflation einzudämmen, soll der Grundfreibetrag für 2023 auf 10.908 € angepasst werden. 2024 können sich die Steuerpflichtigen über eine weitere Erhöhung auf 11.604 € freuen. Zudem wird der Einkommensteuertarif durch eine Rechtsverschiebung der weiteren Tarifeckwerte angepasst, um der sog. „kalten Progression“ entgegenzuwirken. Werden Gehälter aufgrund der steigenden Inflation angepasst, soll dies nicht zu einem höheren Steuersatz führen. Lediglich der Höchststeuersatz (45%) ist von der Tarifanpassung ausgenommen.
Was für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ebenfalls erfreulich sein kann: Rückwirkend ab 01.10.2022 bis zum 31.12.2024 können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihren Beschäftigten eine sog. „Inflationsausgleichsprämie“ von bis zu 3.000 € steuer- und sozialversicherungsfrei gewähren. Dieser steuerliche Freibetrag kann auch in Teilbeträgen ausgezahlt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Zahlungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgen.
Zum 01.01.2023 wird das Kindergeld auf monatlich 250 € je Kind für die ersten drei Kinder erhöht. Familien mit niedrigem Einkommen werden zudem ab 01.01.2023 durch eine nochmalige Erhöhung des Kinderzuschlaghöchstbetrags entlastet – dieser wird auf 250 € monatlich angehoben. Der Kinderfreibetrag steigt auf 6.024 € ab 2023 und auf 6.384 € ab 2024.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich ab dem Veranlagungszeitraum 2023 über eine kleine Erhöhung ihres Pauschbetrags für Werbungskosten (Arbeitnehmer-Pauschbetrag) freuen. Dieser soll nach den Plänen des Parlaments mit dem Jahressteuergesetz 2022 auf 1.230 € erhöht werden.
Der Sparer-Pauschbetrag für Kapitaleinkünfte soll zum 01.01.2023 von 801 € auf 1.000 € bzw. bei Zusammenveranlagung von 1.602 € auf 2.000 € angehoben werden. Dieser Freibetrag stellt Kapitaleinkünfte, wie z.B. Einnahmen aus Zinsen und Dividenden, steuerfrei. Der Freistellungsauftrag wird automatisch – prozentual – erhöht. Nur wer eine andere Verteilung des Freistellungsvolumens wünscht, muss aktiv werden.
Auch der Ausbildungsfreibetrag soll zum 01.01.2023 auf 1.200 € angehoben werden. Hiermit werden Aufwendungen im Zusammenhang mit der auswärtigen Unterbringung eines volljährigen Kindes abgegolten. Es handelt sich hierbei um die erste Anhebung seit 1980 – wenn das kein Grund zur Freude ist.
Darüber hinaus wird der steuerliche Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende aktualisiert und auf 4.260 € erhöht. Arbeitgeber sollen diesen bereits bei den Abrechnungen für Januar 2023 berücksichtigen – ggf. rückwirkend.
Sicher ist bereits: Die Entfernungspauschale für Fernpendler wurde rückwirkend ab 01.01.2022 auf 38 Cent erhöht, d.h. ab dem 21. Kilometer Entfernung zu Ihrer Arbeitsstätte können Sie hiervon profitieren.
Gemäß dem Jahressteuergesetz 2022 sollen Altersvorsorgeaufwendungen ab 2023 steuerlich voll als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Auf diese Weise soll eine doppelte Besteuerung abgewendet werden.
Wer noch bis zum 31.12.2022 mit einer Spende die vom Krieg in der Ukraine Betroffenen unterstützen möchte, kann einfachere Nachweispflichten nutzen: Als Spendenquittung ist – unabhängig von der Höhe der Spende – der Bareinzahlungsbeleg auf ein dafür eingerichtetes inländisches Sonderkonto ausreichend oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts. Die Spende kann dann als Sonderausgabe in der Steuererklärung geltend gemacht werden.
Ebenfalls noch bis Ende des Jahres ist eine Arbeitslohnspende möglich. Hierbei verzichten Sie als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin auf einen Teil Ihres Arbeitslohns und der Arbeitgeber zahlt diesen Betrag auf das Spendenkonto einer Hilfsorganisation. Ein Vorteil für Sie: Auf diesen Teil des Lohns fällt keine Lohnsteuer an. Stattdessen wird der Arbeitgeber in die Pflicht genommen: Er muss die Verwendungsauflage erfüllen, die Spende dokumentieren und den Vorgang im Lohnkonto aufzeichnen.
Auch Unternehmen können bis 31.12.2022 von Erleichterungen profitieren: die unentgeltliche Bereitstellung von Gegenständen oder Personal, z.B. an Hilfsorganisationen, unterliegt ausnahmsweise nicht der Umsatzsteuer. Der Vorsteuerabzug ist aber weiterhin möglich. Voraussetzung ist, dass die unterstützte Einrichtung einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Auswirkungen bei den vom Krieg Geschädigten leistet. Auch Sponsoring wird gefördert. Die Aufwendungen zur Unterstützung von durch den Krieg Betroffenen können als Betriebsausgaben angesetzt werden. Hierfür muss der Unternehmer wirtschaftliche Vorteile für sein Unternehmen erstreben, z.B. indem er auf seine Sponsoring-Leistung öffentlichkeitswirksam aufmerksam macht.
Sonnige Zeiten warten auf Betreiber kleiner Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen): Das Jahressteuergesetz 2022 sieht vor, Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen mit einer installierten Gesamtbruttoleistung von bis zu 30 kW auf Einfamilienhäusern oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden (z.B. Gewerbeimmobilie, Garagenhof) rückwirkend zum 1.1.2022 steuerfrei zu stellen. Die Anlage darf dann auch auf Nebengebäuden, wie Dächern von Garagen und Carports, installiert sein. Die Steuerbefreiung soll unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms gelten.
Eine Steuerbefreiung gibt es darüber hinaus auch für PV-Anlagen auf Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Gebäuden mit Wohn- und Gewerbeeinheiten. Sie wird bis zu einer Anlagengröße von 15 kW pro Wohn- und Gewerbeeinheit gewährt. Damit profitieren auch Privatvermieter, Wohnungseigentümergemeinschaften, Genossenschaften und Vermietungsunternehmen. Gedeckelt ist die Befreiung auf höchstens 100 kW pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft.
Besonders erfreulich: Im Zuge des Bundestagsverfahrens wurden auch die Regelungen des Gewerbesteuergesetzes so angepasst, dass das Betreiben solcher kleinen PV-Anlagen keine IHK-Mitgliedschaft auslöst.
Die Arbeitswelt hat sich coronabedingt in den letzten Jahren stark gewandelt. Das Arbeiten von Zuhause ist für viele Alltag geworden. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möchten auch zukünftig regelmäßig im Homeoffice tätig werden. Dies nimmt der Gesetzgeber zum Anlass und plant zum 01.01.2023 in punkto häusliches Arbeitszimmer und Homeoffice im Jahressteuergesetz 2022 einige Änderungen: Steuerpflichtige können künftig einen jährlichen Pauschbetrag i.H.v. 1.260 € für ihr häusliches Arbeitszimmer geltend machen. Bildet dieses jedoch den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit, können weiterhin die tatsächlichen Kosten abgezogen werden.
Ihre Arbeitsumgebung erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Arbeitszimmer-Pauschale? Die gute Nachricht: Auch die Homeoffice-Pauschale erhält ein Update. Sie wird nicht nur entfristet, sondern darüber hinaus ab 2023 auf 6 € je Tag angehoben, max. 1.260 € jährlich. Dies entspricht 210 Arbeitstagen. Eine weitere Erleichterung ist, dass die Tätigkeit zukünftig nur überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt werden muss, um die Tagespauschale ansetzen zu können. Somit ist ein Abzug von Reisekosten und Homeoffice-Pauschale am gleichen Tag grundsätzlich möglich.
Erfreulich für Minijobber: Der Mindestlohn ist erneut gestiegen und beträgt seit 01.10.2022 12 € pro Stunde. Arbeitgeber, deren Minijobber bisher unter dieser Stundenlohn-Grenze lagen, mussten die Löhne ab Oktober 2022 anpassen. Auch die Verdienstgrenze wurde mit Wirkung ab 01.10.2022 auf nunmehr 520 € erhöht, d.h. bis zu diesem monatlichen Einkommen liegt keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor. Grundsätzlich gilt: Arbeitgeber sollten die Arbeitszeit ihrer Minijobber im Blick behalten und ggf. neu abstimmen, damit die Verdienstgrenze nicht überschritten wird.
Ebenfalls im Jahressteuergesetz 2022 vorgesehen: Bei der Abschreibung für Wohngebäude wird der lineare AfA-Satz auf 3% erhöht. Die Anhebung soll – entgegen den ursprünglichen Planungen – bereits für Wohngebäude mit Fertigstellung ab 01.01.2023 greifen.
Die im Zuge der steuerlichen Corona-Hilfsmaßnahmen wieder eingeführte degressive Abschreibung wurde bis 31.12.2022 verlängert werden. Dies bedeutet: Unternehmen können für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt wurden, noch bis Ende des Jahres wählen, ob sie diese linear, d.h. in gleichbleibenden Jahresbeträgen, oder degressiv abschreiben. Im Fall der degressiven Abschreibung ist die Abschreibung in den ersten Jahren höher als bei der linearen Abschreibung. Die Steuerlast wird folglich in diesen Jahren gemindert.
Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sorgen Rechnungsabgrenzungsposten dafür, dass Ausgaben und Einnahmen dem Wirtschaftsjahr zugeordnet sind, in das sie wirtschaftlich gehören. An sich eine gute Sache. Bei unbedeutenden Kleinbeträgen führt dies aber zu bürokratischem Mehraufwand, der leicht zu vermeiden wäre. Der Bundestag hat daher mit dem Jahressteuergesetz 2022 nun Erleichterungen beschlossen: Aktive und passive RAP sollen bereits für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 enden, nur noch gebildet werden müssen, wenn die einzelnen Einnahmen bzw. Ausgaben die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (aktuell 800 €) überschreiten. Betroffene können selbst entscheiden, ob sie diese Vereinfachung in Anspruch nehmen möchten. Sie müssen dies dann nur einheitlich für sämtliche Abgrenzungsfälle tun.
Das Bundesamt für Justiz wird in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Justiz gegen Unternehmen, deren gesetzliche Frist zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr mit dem Bilanzstichtag 31.12.2021 am 31.12.2022 endet, vor dem 11.04.2023 kein Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB einleiten.
Für das Einreichen der Steuererklärungen für das Jahr 2022 haben Steuerpflichtige noch bis zum 30.09.2023 Zeit. Wird ein Steuerberater hinzugezogen, verlängert sich der Abgabezeitraum sogar bis zum 31.07.2024. Sie haben die Steuererklärung für das Jahr 2021 noch nicht eingereicht? Abgabefrist war hier der 31.10.2022. Doch keine Panik – wenn Sie sich die Unterstützung eines Steuerberaters suchen, bleibt Ihnen noch bis 31.08.2023 Zeit für eine fristgerechte Einreichung.
Grundstückseigentümer waren in diesem Jahr aufgefordert, bis Ende Oktober 2022 die Erklärungen zur Feststellung der Grundsteuerwerte zum ersten Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 zu übermitteln. Kurz vor knapp hatten sich Bund und Länder jedoch verständigt, den Steuerpflichtigen eine Fristverlängerung zu gewähren: Nun bleibt bis zum 31.01.2023 Zeit.
Die Grundbesitzbewertung im Bewertungsgesetz soll mit Blick auf die neue Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) zum Jahreswechsel angepasst werden. Mit der neuen ImmoWertV soll sichergestellt werden, dass Bodenrichtwerte und weitere Daten bundesweit nach einheitlichen Grundsätzen ermittelt werden. Dies dürfte zur Folge haben, dass u.U. Grundbesitz steuerlich höher bewertet, wird als bislang.
In diesem Kontext wurde im Bundestagsverfahren zum Jahressteuergesetz 2022 intensiv die Anhebung der Freibeträge im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht diskutiert. Diese Anpassung setzte sich allerdings schlussendlich nicht durch. Abzuwarten bleibt die Reaktion des Bundesrats Mitte Dezember.
Angespartes und steuerlich gefördertes Altersvorsorgevermögen darf derzeit für die unmittelbare Anschaffung oder Herstellung einer selbst genutzten Wohnung, zur Entschuldung der selbst genutzten Wohnimmobilie oder für Umbauten zum Barrierenabbau genutzt werden. Künftig soll, so das Jahressteuergesetz 2022, die Eigenheimrenten-Förderung auch für energetische Aufwendungen bei selbst genutzten Wohnungen in Anspruch genommen werden dürfen – allerdings erst ab 01.01.2024. Dazu würde z.B. die Wärmedämmung von Wänden und Dachflächen, die Erneuerung von Fenstern und Außentüren oder die Erneuerung der Heizungsanlage zählen.
Ein Steuerprofi in Ihrer Nähe unterstützt Sie gern! Nutzen Sie hierfür gern den Steuerberater-Suchservice des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. unter: www.steuerberater.de.
Quelle: Steuerberaterverband Thüringen e. V.
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